Sonntag, 25. August 2013

1770-1830: Wichtige Werke der deutschsprachigen Literaturgeschichte


Man kann zweierlei feststellen:

1. Die Vielzahl der bis heute anerkannten und dem literarischen Kanon zugerechneten Titel auf relativ engem zeitlichem Raum: Würde man eine analoge Darstellung der Zeit vor 1770 versuchen, so würde darin kein einziger Titel erscheinen, der einem durchschnittlichen Zeitgenossen von heute geläufig ist, allenfalls einigen Germanistikstudent_innen. Mit Lessings Stücken nimmt eine massive Verdichtung ihren Anfang, die Initialzündung für eine literarische Kultur in deutscher Sprache mit nachhaltiger Wirkung. Das größte Vorbild für Goethe und andere Autoren des Sturm-und-Drang: William Shakespeare. Man darf das ruhig mal etwas erstaunlich finden: als Goethe 1774 seine ›Leiden des jungen Werthers‹ veröffentlichte, war Shakespeare (1564-1616) schon fast 150 Jahre tot. Das wäre, wie wenn sich heute ein Künstler, ob Schriftsteller, Maler oder Musiker, an Vorbildern aus der Zeit von Gottfried Keller, Edgar Degas oder Richard Wagner orientiert – und diese Adaption dann als modern gilt.

2. Die Gleichzeitigkeit und Überschneidung der Epochen: kaum eine Epoche löst wirklich die andere ab, die Regel ist eher ein Miteinander und ein Verfließen von Strömungen und Ideen. Innert zehn Jahren kann dann schon eine komplett neue Landschaft entstehen, aber manche Strömungen enden erst mit dem Tod eines Autors. Ein schönes Beispiel ist die zeitliche Eingrenzung der sogenannten Weimarer Klassik. Sie beginnt 1786 mit Goethes Rückkehr aus Italien, wohin er aus dem Weimarer Korsett in eine zweijährige Auszeit geflüchtet hat, und endet 1805 mit dem Tod seines engsten Freundes, Friedrich Schiller. 
Einerseits.
Andererseits: der im Jahre 1805 bereits 56jährige Goethe hat sich danach nicht komplett neu erfunden oder irgendwelchen anderen Bewegungen angeschlossen, die wenigsten Menschen tun das in fortgeschrittenem Alter. Vielmehr hatte er das humanitäre Gedankengut der Weimarer Klassik in seinen Knochen und trug es 27 Jahre lang bis zu seinem Tod 1832 weiter in seine Werke hinein. Neue Einflüsse wie die der Romantik, einer europäischen Bewegung, sowie aufgrund politischer Ereignisse (Napoleon, Restauration etc.) natürlich nicht ausgeschlossen. 



Samstag, 24. August 2013

1750-1830: Übersicht

Man kann sich darüber streiten, wie sinnvoll Jahreszahlen sind, wenn es darum geht, ein Verständnis für Kulturgeschichte zu vermitteln. Wenn man sich allerdings bewusst wird, wie kleinlich man in der eigenen Gegenwart ist … beispielsweise sind Filme, die älter als 20 Jahre sind, für manche Zeitgenoss_innen zu alt, um ernst genommen zu werden, in der darstellenden Kunst aber gilt denselben Leuten dann alles nach Picasso und Warhol ›komisch‹ oder keine Kunst, Beethoven (ca. 200 Jahre alt) finden sie toll, Schönberg (ca. 100 Jahre alt) nur seltsam und schräg …
… darf man der Vergangenheit auch zugestehen, dass nicht einfach alles irgendwie ›alt‹ ist, sondern manche Phänomene andere voraussetzten oder auslösten etc.. Zwar wird man nie belegen können (und es wäre auch unsinnig), dass Goethe oder Schiller die notwendige Voraussetzung für Büchners Schreiben und Denken waren oder der Frührealismus erst einsetzen konnte, nachdem der Weimarer Klassik die Puste ausgegangen ist. Aber es hilft zu wissen, dass Goethe zu Büchner keine Meinung haben konnte, weil er schon tot war (1832), als Büchners erstes Werk veröffentlicht wurde: ›Dantons Tod‹ (1835), ein pessimistisches Stück über die Folgen der Französischen Revolution, den Tugendterror und verlorene Illusionen politischer Führer.



Büchner hingegen konnte sich über das Kunstverständnis, die Literatur oder das Menschenbild  der Epoche des Idealismus sehr wohl eine Meinung bilden, denn Goethe, Schiller etc. waren einflussreiche Denker und Autoren seiner Schulzeit.

Thema Liedertexte: Wieder ein Tag (Element-of-Crime)

Gestern haben wir ja ein wenig über Liedertexte gesprochen, die uns immer mal wieder in den Sinn kommen, warum auch immer. Ich erzählte Ihnen von einem Song der Band ›Element of Crime‹, und ich weiß nicht genau (und will gar nicht wissen), was Sie seltsamer fanden, mich oder den Text. Wie auch immer: Hier zwei Links zu Musik (eine etwas schlechte Live-version, die Musik beginnt erst bei 0:50, die Studioversion finden Sie auf spotify) und Text.



PS Besonders gut gefällt mir eigentlich die Zeile: »Ein Dosenfisch stürzt sich lachend ins offne Meer«. Dennoch muss ich zur Kenntnis nehmen, dass es die Beschreibung eines frugalen Mahls mit den Worten »ein Stück Käse, und ein Ei, schlag es auf…« häufiger in meine Erinnerungbox schafft als die Dosenfisch-Geschichte. Das ist sicherlich mindestens so eigenwillig wie seltsam von meiner Gedächtnismaschine. Die tut eben, was sie will.