Idealisierung als Aufgabe des Dichters
Friedrich Schiller 1791
»Eine der
ersten Erfordernisse des Dichters ist Idealisierung, Veredlung, ohne welche er
aufhört, seinen Namen zu verdienen. Ihm kommt es zu, das Vortreffliche seines
Gegenstandes (mag dieser nun Gestalt, Empfindung oder Handlung sein, in ihm
oder außer ihm wohnen) von gröbern, wenigstens fremdartigen Beimischungen zu
befreien, die in mehrern Gegenständen zerstreuten Strahlen von Vollkommenheit
in einem einzigen zu sammeln, einzelne, das Ebenmaß störende Züge der Harmonie
des Ganzen zu unterwerfen, das Individuelle und Lokale zum Allgemeinen zu
erheben. Alle Ideale, die er auf diese Art im Einzelnen bildet, sind gleichsam
nur Ausflüsse eines innern Ideals von Vollkommenheit, das in der Seele des
Dichters wohnt. Zu je größerer Reinheit und Fülle er dieses innere allgemeine
Ideal ausgebildet hat; desto mehr werden auch jene Einzelnen sich der höchsten
Vollkommenheit nähern.«

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