Dienstag, 27. Mai 2014

Gemälde aus der Zeit der Weimarer Republik: Otto Dix, zwischen Expressionismus und ›Neuer Sachlichkeit‹

Alle Kunst sei "Ekstase, Koitus", sagte Dix. Sie sei "amoralisch, antichristlich, alogisch, antipazifistisch, antithetisch". 
Und weiter: "Allzu starke Gehirnlichkeit ist unkünstlerisch, letzten Endes ist doch jeder echte Künstler Medium! Wessen? Seiner selbst!" (Quelle)


nach seiner Abkehr vom Dadaismus


Otto Dix: Selbstportrait mit Akt (1923)
im Stil der ›Neue Sachlichkeit‹



















Samstag, 24. Mai 2014

Handlung oder Tat?

Satz eines Schülers: Nicht meine Erlebnisse und Taten definieren mich …
Gegenvorschlag: Nicht meine Erlebnisse und Handlungen definieren mich …

Im Unterricht sagte ich, dass Tat im üblichen Wortgebrauch heroisch oder kriminell konnotiert ist. Die Begriffe Heldentat und Untat illustrieren das.

Die Verben ›tun‹ und ›handeln‹ sind semantisch (von der Bedeutung her) synonymisch zu verwenden, die Nomen sind es nicht.
Alles was eine Tat ist, ist auch eine Handlung, das Umgekehrte gilt nicht. Beispiele für Dinge, die wir täglich tun, die aber deshalb noch lange keine Taten sind:
Zähne putzen
jemandem eine Nachricht schicken
einen Stuhl verrücken
eine Tasche auspacken

Dass eine Tat mehr ist als eine bloße Handlung, zeigt auch der folgende etwas altbackene Pfadfinderspruch:

›Jeden Tag eine gute Tat.‹

Dieser Satz birgt eine moralische Aufforderung: Man soll etwas Besonderes, etwas Gutes tun, jemandem helfen. Hier steckt die Idee drin, dass das Handeln etwas besonderes bewirkt, etwas bewegt.

›Handlung‹ ist vergleichsweise neutraler, es ist näher am Verhalten als am Bewirken. Und man kann oft nicht anders, als irgendwie handeln, doch das macht die Sache noch zu keiner Tat.

Warum sich das Wort ›Tat‹ (engl. deed) für unser tägliches Handeln (engl. action < to act) aus semantischer Sicht zumeist nicht eignet, zeigen auch folgende Darstellungen:

Übersicht über typische Verknüpfungen auf der DUDEN-Seite:





Zitat von Matthias Claudius

Freitag, 23. Mai 2014

Stilkunde: Anschauungsunterricht

1a. Der Grund für die Entstehung von Snowboarden lässt sich vielmehr auf die Suche nach dem Freiheitsgefühl sowie einer Möglichkeit sich selber auszudrücken zurückschließen, als auf das Streben eine möglichst große Drehungszahl mit einem Trick zu erhalten. 
1b. Snowboarder sehnen sich nach Freiheit und wollen sich ausdrücken, sie streben nicht nach möglichst schwierigen Sprüngen. 

2a. Der Juso-Che-Guevara kann durch Anhören des Rebellen eine andere Bedeutung kennenlernen und entscheiden, ob er diese applizieren will.
2b. Der Juso-Che-Guevara kann sich die Ansichten des Rebellen anhören und sich dann entscheiden, ob er sie teilt oder nicht. 

3a. Diese Überlegungen nehmen ihren Lauf und es werden Lügen selbstdarstellerischen Präsentationszweckens daraus.
3b. Man überlegt sich etwas dazu und es werden Lügen daraus, die einzig der Selbstdarstellung dienen. 

4a. Im Snowboard gibt es diesen Method, den ich sogar kann. Er unterscheidet sich von anderen nicht nur in der Perfektion, sondern auch in der Individualität, die Müller bei jedem Sprung miteinbringt. 
4b. Der Method ist so leicht zu springen, den beherrsche sogar ich. Im Unterschied zu anderen Sprüngen geht es bei ihm nicht um technische Perfektion, sondern um den individuellen Ausdruck. Und den bringt Müller bei jedem seiner Sprünge ein. (Und das ist Müllers Stärke.) 

5a. Kopien von Styles sind einschränkende Mittel der eigenen Freiheit und des Snowboarders.
Wer einen anderen Style kopiert, schränkt sich selber ein.

6a. Das Rauchen ist nicht nur ein Laster. Es ist auch ein Kontakt knüpfender Akt.
6b. Raucher lernen leichter andere Leute kennen als Nichtraucher.
6c. Wer raucht, lernt andere Leute kennen. 
6d. Zu rauchen bedeutet, andere Leute kennenzulernen. 
6e. Raucher sind anschlussfreudiger oder kommunikativer als Nichtraucher.
6f. Wenn man raucht, kommt man schnell mit anderen Rauchern in Kontakt.

7a. Jeder Mensch hat seine eigene Vorstellung, was jedes einzelne Wort ist, was genau es bedeutet und wie die Sache dahinter aussieht.
7b. Was ein Wort genau bedeutet, ist für jeden Menschen verschieden.
8a. McAdams erzählt, »die Lebensgeschichte ändert sich ständig«. 
8b. McAdams sagt, »die Lebensgeschichte ändert sich ständig«.
8cMcAdams sagt, die Lebensgeschichte ändere sich ständig.
8d. Laut MCAdams ändert sich die Lebensgeschichte ständig.


Dienstag, 20. Mai 2014

McAdams (Aufsatzthema)

Thema 4: »Ich bin, was ich über mich erzähle«
Erörterung

Der US-Psychologe Dan McAdams untersucht, was Lebensgeschichten mit unserer Persönlichkeit zu tun haben. Indem wir Geschichten über uns erzählen, erschaffen wir unsere Identität. Das nachfolgende Interview ist am 13.1.2013 in der NZZ am Sonntag erschienen.



Wie macht man das: einen Sinn in seinem Leben finden?
Dan McAdams: Wenn wir von unserem Leben sprechen, erzählen wir Geschichten. Darin schildern wir, wie wir uns unsere Zukunft vorstellen und wohin unser Leben gehen wird, erinnern uns aber ebenso unserer Vergangenheit. Sobald wir erwachsen werden, fangen wir an, über unser Leben so nachzudenken, als sei es eine Geschichte und wir deren Held. Diese Geschichten haben die psychologische Funktion, dem Leben einen Sinn, eine Bedeutung zu geben. Sie beschreiben, wer ich war, bin und sein werde. Ich spreche hier von narrativer Identität.
Ist meine Identität eine Geschichte?
Ich bin gewissermaßen, was ich über mich erzähle, ja. Wie wir uns selbst sehen und verstehen, fassen wir in Geschichten. In diesem Sinne buchstabieren die Geschichten unsere Identität aus. Wir tragen unsere Lebensgeschichte in uns und beziehen uns auf sie, wenn wir anderen von uns erzählen, unser Verhalten steuern oder wichtige Entscheidungen treffen. (…) Die Lebensgeschichte ändert sich ständig. (…)


Was bedeutet das?
Wie kann ich verstehen, dass ich heute, vor fünf Jahren und übermorgen ein und dieselbe Person bin? Trivialerweise kann man sagen, man habe denselben Namen oder denselben Körper. Aber wie ist es gekommen, dass ich so und nicht anders geworden bin? Geschichten bieten uns eine Erklärung an. Und sie helfen uns, Gegensätze in uns selbst zu begreifen.
Gibt es denn die eine Geschichte meines Lebens? Hängt nicht von meinem jeweiligen Zuhörer ab, was ich erzähle?

Die Zuhörerschaft hat sogar eine signifikante Auswirkung auf das, was jemand erzählt. (…) Die einzig wahre Geschichte gibt es nicht, sondern eher eine Konstruktion, die in verschiedenen Varianten daherkommt. Aber die wichtigen Themen tauchen immer auf.